Geldstadt Zürich


Wie wird eine Metropole zum Finanzzentrum?

Stadtluft macht frei

Was erwartet Dich in dieser Lektüre?

New York, London, Zürich: Es gibt Städte, die unbestreitbar Finanzzentren sind. Aber wie sind sie dazu geworden? Unter diesem Gesichtspunkt betrachten wir die Entwicklung Zürichs vom 13. Jahrhundert bis heute. War es Zufall?

Wir werden ein paar interessante Fakten feststellen. Denn Zürich war nicht einfach dazu bestimmt, eine „Geldstadt“ zu werden. Im Mittelalter deutete zunächst wenig darauf hin. Die günstige Lage an der Limmat war zwar eine unabdingbare Voraussetzung – aber keineswegs hinreichend. Zürichs Bürger verstanden es immer wieder, günstige Gelegenheiten zu ergreifen. Vor allem hatten sie einen langen Atem. Die über-dimensionierte Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert erlaubte erst die gezielte Expansion der Stadt in den folgenden Jahrhunderten.

Letztlich kam vieles zusammen: eine bestimmte Werteorientierung, einzelne Persönlichkeiten, die den Gang der Geschichte massgeblich beeinflussten, aber auch das, was wir heute als Serendipität beschreiben: Das Ergreifen von Chancen, auch wenn man seinen Weg dabei ändert, das geschickte Nutzen von Möglichkeiten, die man plötzlich erkennt.

Was kannst Du von dieser Lektüre lernen?

  1. Am Beispiel von Zürich erkennst Du, wie eine Finanzmetropole entstehen kann
  2. Du wirst skeptisch gegenüber der Vorstellung, man könne auf dem Reissbrett eine Stadt zur Geldstadt machen, weil Du gesehen hast, wie lange eine solche Entwicklung dauern kann
  3. An diesem historischen Beispiel siehst Du, dass ein Ort nicht einfach zu etwas bestimmt ist oder automatisch dazu wird, sondern dass es Mut braucht und zupackende Entschlusskraft, um dem Lauf der Geschichte eine bestimmte Wendung zu geben
  4. Du erhältst historisches Wissen von Zürich aus einer wirtschafts-historischen Perspektive

Wie ist das Dokument aufgebaut?

Der reich illustrierte Artikel kommentiert Zürichs Geschichte in chronologischem Abriss unter einer wirtschaftshistorischen Fragestellung. Jedem Jahrhundert, vom 13. Jahrhundert bis heute, ist ein Abschnitt gewidmet, der jeweils den Fokus auf einen Aspekt legt.

Wer hat dieses Dokument erarbeitet?

Jürg Conzett hat die Sunflower Foundation gegründet und das dazugehörige MoneyMuseum in Zürich. Beide Einrichtungen beschäftigen sich mit Geld und Wirtschaft und hinterfragen diese kritisch, um Lösungsansätze für aktuelle Probleme zu finden.

Zürich liegt an einer bevorzugten geographischen Lage. Dort, wo die Limmat in den Zürichsee mündet, entwickelte sich bereits in keltischer Zeit ein Handelsplatz an der Nord-Süd-Verbindung zwischen Oberitalien und dem Bodensee. Die heutige Weltstadt Zürich begann ganz klein. 

Das 13. Jahrhundert: reichsfrei

1218 starb der letzte Lehnsherr von Zürich, Herzog Berthold V. von Zähringen. Damit fielen die Rechte über die Stadt Zürich - Besteuerung und Gerichtsbarkeit, um nur zwei zu nennen - wieder an den Kaiser zurück. Friedrich II. brauchte damals Geld, und so gelang es den Zürcher Bürgern, von ihm die Reichsunmittelbarkeit zu erlangen. Die rund 5.000 Zürcher, die damals in der Stadt lebten, erhielten damit die Möglichkeit, sich selbst zu organisieren.

Im Gerangel um Macht und Einfluss setzte sich im Laufe des 13. Jahrhunderts die Bürgerschaft immer mehr durch, da sie über die Mittel verfügte, um der Äbtissin des Fraumünsters die wichtigsten Privilegien wie Markt- und Münzrecht abzukaufen.

Um 1300 gehörte Zürich zu den wichtigsten Marktorten im oberdeutschen Raum mit hervorragenden Verbindungen nach Oberitalien und zu den Handelsstädten am Niederrhein.

1219 verlieh Friedrich II. der Stadt Zürich die Reichsunmittelbarkeit. "Jeder Mensch, welcher an diesen Ort kommt und da bleiben will, soll frei sitzen und verweilen." So lautet das Stadtrecht-Privileg Friedrich II von 1218 für die Stadt Bern. Und in andern Städten ist wohl ähnlich verfahren worden.

1219 verlieh Friedrich II. der Stadt Zürich die Reichsunmittelbarkeit. "Jeder Mensch, welcher an diesen Ort kommt und da bleiben will, soll frei sitzen und verweilen." So lautet das Stadtrecht-Privileg Friedrich II von 1218 für die Stadt Bern. Und in andern Städten ist wohl ähnlich verfahren worden.

Eintrag aus dem Zürcher Stadtbuch vom 7. Juni 1336 über die zukünftige Bürgermeisterwahl.

Eintrag aus dem Zürcher Stadtbuch vom 7. Juni 1336 über die zukünftige Bürgermeisterwahl.

Die Zürcher verteidigen ihre Verfassung in der Zürcher Mordnacht 1350. Illustration aus der Chronik des Johannes Stumpf.

Die Zürcher verteidigen ihre Verfassung in der Zürcher Mordnacht 1350. Illustration aus der Chronik des Johannes Stumpf.

Das 14. Jahrhundert:
Das Gewerbe übernimmt die Macht

Zu Beginn des 14. Jahrhunderts setzte sich die Zürcher Bürgerschaft aus Adligen, Kaufleuten und Handwerkern zusammen, die alle unterschiedliche Interessen vertraten. Während die Kaufleute an der Sicherung der Handelswege interessiert waren, vertraten die Handwerker eine Expansion auf benachbarte Gebiete, um so die Kontrolle über ihre Rohstoffe und Absatzmärkte zu gewinnen - Anzeichen der aufkommenden Geldwirtschaft.

Im Verlauf des 14. Jahrhunderts drängten die Kaufleute den Adel aus den politischen Ämtern, während die Handwerkerzünfte, die keinerlei Einfluss im Rat besaßen gleichzeitig an Bedeutung zunahmen. Zum offenen Kampf kam es 1336, als die Handwerker mit ihren Zünften die Regierung stürzten. 

Die Brunsche Zunftverfassung legte fest, dass in Zukunft 13 Adlige und Patrizier zusammen mit den 13 Zunftältesten die Geschicke der Stadt leiten sollten. In modifizierter Form blieb diese Verfassung bis zum Jahr 1798 in Kraft.

Damit verloren die Kaufleute ihre politische Dominanz, und das hatte Auswirkungen auf die Entwicklung der Stadt. Zürich konzentrierte sich auf das städtische Handwerk. Die Stadt an der Limmat vernachlässigte den Fernhandel und entwickelte sich zu einem Marktzentrum für die umliegenden Gemeinden.

Heiliges Römisches Reich, Fraumünsterabtei Zürich, Elisabeth von Wetzikon, Pfennig Ende 13. Jahrhundert

Bis zur Reformation von 1524 war die Äbtissin des Fraumünsters die Stadtherrin in Zürich. Als solche hatte sie das Münzrecht inne und liess Pfennige schlagen. Auf den frühen Münzen wurden noch vorwiegend die Stadtheiligen dargestellt. Auf späteren Prägungen liessen die jeweiligen Äbtissinnen ihre eigenen Porträts setzen. Dieser Brakteat zeigt ein schematisches Bild der Äbtissin Elisabeth von Wetzikon (1270-1298).

Bis zur Reformation von 1524 war die Äbtissin des Fraumünsters die Stadtherrin in Zürich. Als solche hatte sie das Münzrecht inne und liess Pfennige schlagen. Auf den frühen Münzen wurden noch vorwiegend die Stadtheiligen dargestellt. Auf späteren Prägungen liessen die jeweiligen Äbtissinnen ihre eigenen Porträts setzen. Dieser Brakteat zeigt ein schematisches Bild der Äbtissin Elisabeth von Wetzikon (1270-1298).

Der Münzreichtum Zürichs im Spätmittelalter ist noch bescheiden, die Münzen sind oft nur einseitig geprägt.

Heiliges Römisches Reich, Stadt Zürich, Heller

Der Heller, den man in Zürich übrigens Haller nannte, wurde als Scheidemünze gebraucht. Das ist ein Nominal von bloss geringem Wert, welches dazu dient, kleine Differenzen bei Geschäften auszugleichen. Um die Kosten für diese kleinen Münzen möglichst niedrig zu halten, wurden sie nur einseitig geprägt. Der hier abgebildete Heller trägt als Stempel das Zürcher Wappen.

Der Heller, den man in Zürich übrigens Haller nannte, wurde als Scheidemünze gebraucht. Das ist ein Nominal von bloss geringem Wert, welches dazu dient, kleine Differenzen bei Geschäften auszugleichen. Um die Kosten für diese kleinen Münzen möglichst niedrig zu halten, wurden sie nur einseitig geprägt. Der hier abgebildete Heller trägt als Stempel das Zürcher Wappen.

Das 15. Jahrhundert: Expansion

Durch die Konzentration auf den lokalen Handel wurde es für Zürich existentiell, über ein möglichst umfangreiches Umland zu verfügen. Der Expansionsdrang einer Geldwirtschaft. Dieses politische Ziel wurde mit juristischen Mitteln, Gewalt und dem Einsatz von Geld verfolgt . Das Umland garantierte die Versorgung der Stadt mit Wein, Getreide und Fleisch sowie den Absatz der in Zürich produzierten Waren - alles zu den Preisen, die der Zürcher Rat festlegte. 

1433 verlieh Kaiser Sigismund den Zürchern das Recht, sich und ihren Untertanen eigene Gesetze geben zu dürfen. Die Stadtzürcher nutzten dieses Privileg, indem sie versuchten, die handwerkliche Produktion für die Stadt zu monopolisieren, während die Bewohner der Landschaft auf die Erzeugung agrarischer Produkte festgelegt wurden.

Hinsichtlich territorialer Eroberungen agierte der Rat erfolgreich. Er erwarb den Besitz verschuldeter Adliger und führte Krieg, wenn sich die Gelegenheit bot. Der Alte Zürichkrieg um das Toggenburger Erbe gehört genauso in diesen Zusammenhang wie die Annektion von Winterthur 1467, Stein am Rhein 1459/84 und Eglisau 1496.

Die territoriale Entwicklung des Stadtstaates Zürich. Bild: wikipedia, Marco Zanoli.

Die territoriale Entwicklung des Stadtstaates Zürich. Bild: wikipedia, Marco Zanoli.

Murer Karte von Zürich aus dem Jahre 1566.

Gut zu erkennen sind:
1. die verkehrsgünstige Lage am Fluss

2. die überdimensionierte Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert, die Raum liess für mehrere Klöster: Predigerkloster der Dominikaner, Barfüsserkloster der Franziskaner, das Augustinerkloster, das Fraumünster der Benediktinerinnen und das Kloster Oetenbach der Dominikanerinnen.

3. diese wurden während der Reformation dem Staate einverleibt, d.h. säkularisiert. Ein wahrlich gutes Geschäft, wirtschaftlich gesehen!

Zürich heute

Wie hat sich der Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit konkret vollzogen?

Gesellschaft im Mittelalter

Im Spätmittelalter, also ab 1250, setzt eine Auflösung des feudalen Wirtschafts- und Gesellschaftsystems ein. Unten eine kurze Erklärung von musstewissen Geschichte: das Video beschreibt das Feudalsystem und dessen Auflösung. Ein ungeheuerlicher Umbruch in allen Lebensbereichen, der im 16. Jahrhundert einen Höhepunkt erreicht.

Im 14. und vor allem 15. Jahrhundert strömen immer mehr Menschen in die Stadt und befreien sich so von der Leibeigenschaft. Deshalb das Sprichtwort: Stadtluft macht frei. Für die Zuzüger wurde eigens neue Quartiere innerhalb der Stadtmauer gebaut, die sog. Neustadt. Als Taglöhner verfügen sie aber nicht mehr über die Subsistenzwirtschaft, sie können ihre eigene Nahrung nicht mehr selber anbauen, sondern sind als Berufsleute abhängig, dass ihr Produkt gekauft wird. Oder als Angestellte sind sie davon abhängig, dass sie jemand anstellt.

Diese Entwicklung führte zur geldvermittelten Gesellschaft. Geld entsteht als gesellschaftliches Verhältnis, und nicht indem Menschen es erfunden hätten. Es entsteht aufgrund dieser eben beschriebenen historischen Veränderungen. Und zu diesen Veränderungen kommt es historisch weltweit singulär im Europa des späteren Mittelalters. In den „freien Städten“ Europas, die aus dem mittelalterlichen Feudalismus herausfallen, muss an die Stelle der Versorgung eine nicht mehr über persönliche Abhängigkeiten vermittelte treten, eine Versorgung, die in der Hauptsache nur noch über Kauf und Verkauf verläuft. 

Zu Geld und damit zur Vorstellung von Wert und Äquivalenz kommt es also ausschließlich dort, wo ein ganzes Gemeinwesen nicht mehr nur peripher mit Kauf und Verkauf umgeht, sondern von Kauf und Verkauf lebt. Nur eine solche Gesellschaft ist auf den kontinuierlichen Einsatz eines Tauschmittels angewiesen und abhängig von dessen ständigen Umlauf.

Gesellschaft in der Neuzeit

Ab 1500 spricht man von Neuzeit, wahrscheinlich weil die neue Art der Abhängigkeiten das dominierende Neue war. Geld ist seit jener Zeit nicht nur Tauschmittel, Geld ist reines Tauschmittel. Geld besteht nicht mehr in etwas, das sich unter anderem tauschen lässt, sondern besteht in nichts als darin, dass es sich in etwas tauschen lässt. Geld muss fortgesetzt in Güter getauscht werden, um überhaupt Geld zu bleiben. Dies ist der Grund für den Wachstumsdruck, dessen Doppelnatur Goethe so schön und klar in seinem Faust II beschrieben hat. 

Wer sich für genau diese Phase, diesen grossen Umbruch interessiert, sollte das Buch von Eske Bockelmann: Das Geld. Was es ist, das uns beherrscht lesen. Der zweite Teil Wie Geld wurde liest sich leicht, geht auf die überall in Europa anzutreffende Bezeichnung Neustadt ein und beschreibt die neue Art der Abhängigkeit. Hier eine kurze Einführung.

Dieses neue Wirtschaften und das moderne Geld hatten und haben bis heute einen starken Einfluss auf unsere Gesellschafts-Gestaltung. Eske Bockelmann geht in diesem Video auf die Gesellschaft der Moderne ein.

Der Soziologe Aldo Haesler beschäftigt sich seit 40 Jahren mit dem Phänomen Geld und philosophiert in einem kurzen Ausschnitt über die Position des neuzeitlichen Menschen.

Aber so weit sind wir noch nicht - wir verfolgen unten die weitere Entwicklung im 16. Jahrhundert.

Das 16. Jahrhundert:
Reformation und Übernahme der Klöster

Während der Zürcher Rat die Interessen der Handwerker förderte, blieb vielen Adligen nichts anderes übrig, als ihren Lebensunterhalt als Söldner zu verdienen - mit allen negativen Auswirkungen auf die städtische Ruhe, die heimgekehrte Soldaten verursachen können.

Der Rat reagierte, indem er 1519 den als sprachgewaltigen Kritiker des Söldnerwesens bekannten Huldrych Zwingli zum Leutpriester am Großmünster berief.

Zwingli war ein origineller Theologe, der wie viele seiner Zeitgenossen die katholische Kirche in grundlegenden Fragen kritisierte und eine Ablösung von Rom forderte. Der Rat unterstützte seine Ideen, vor allem weil er dadurch nur an Macht und Einfluss gewinnen konnte: Zwingli sprach sich dafür aus, den Staat zum Garanten der moralischen und religiösen Ordnung des Staatswesens zu machen.

1520 wurde die Reformation in Zürich eingeführt. 1529 scheiterte die Einigung mit Martin Luther. Damit gehörte Zürich zu den reformierten Städten, die eine eigene, radikalere Version des protestantischen Glaubens vertraten.

Es gelang, die Reformation auf dem gesamten Zürcher Stadtgebiet durchzusetzen und sie gegen außen zu sichern. Durch die großen finanziellen Ressourcen, die eine Beschlagnahmung des gesamten ehemaligen Klosterbesitzes dem Zürcher Stadtrat einbrachte, entwickelte sich Zürich langfristig gesehen zur Schutzmacht der reformierten Gläubigen in der Schweiz.

Ulrich Zwingli

Ulrich Zwingli

Zürcher Disputation 1523

Zürcher Disputation 1523

Die wichtigsten Klöster in Zürich im 16. Jahrhundert.

Heiliges Römisches Reich, Stadt Zürich, Groschen 1563. Diese Münze prägen die Besucher und Besucherinnen im MoneyMuseum.

Bis 1648 gehörte Zürich – der Reichsadler auf der Rückseite dieser Münze zeigt es – formell zum Heiligen Römischen Reich. Deshalb hielt sich die Stadt bei ihrer Münzprägung an die Bestimmungen der 1559 auf dem Reichstag zu Augsburg erlassenen Münzordnung. Danach sollte die Vorderseite die Herkunft des Geldes zeigen, was hier durch den Zürcher Schild ausgedrückt wurde. Dafür mussten die Rückseiten der Münzen Reichsadler und die Wertangabe aufweisen. Der Adler trägt eine 3 auf der Brust, es handelte sich um ein 3-Kreuzer-Münze, einen sogenannten Groschen.

Bis 1648 gehörte Zürich – der Reichsadler auf der Rückseite dieser Münze zeigt es – formell zum Heiligen Römischen Reich. Deshalb hielt sich die Stadt bei ihrer Münzprägung an die Bestimmungen der 1559 auf dem Reichstag zu Augsburg erlassenen Münzordnung. Danach sollte die Vorderseite die Herkunft des Geldes zeigen, was hier durch den Zürcher Schild ausgedrückt wurde. Dafür mussten die Rückseiten der Münzen Reichsadler und die Wertangabe aufweisen. Der Adler trägt eine 3 auf der Brust, es handelte sich um ein 3-Kreuzer-Münze, einen sogenannten Groschen.

Im 16. Jahrhundert nahm der materielle Reichtum zu, das sieht man schon an der Grösse der Münzen. Der Groschen links (von lat. grosso = dick) ist bereits eine stattliche lokale Münze, der Taler rechts ist Symbol dafür, dass die Wirtschaft eine Grosshandels-Münze brauchte.

Heiliges Römisches Reich, Stadt Zürich, Taler 1512

Die Prägung von wirklich schweren Silbermünzen begann in Zürich relativ früh: der erste Taler stammt aus dem Jahr 1512. Damals blühte in Zürich der Wohlstand, und damit wuchs das Bedürfnis nach einer grossen Silbermünze. Das Selbstbewusstsein der reichen Städter verlangte nach einem besonders schönen Münzbild.

Die Prägung von wirklich schweren Silbermünzen begann in Zürich relativ früh: der erste Taler stammt aus dem Jahr 1512. Damals blühte in Zürich der Wohlstand, und damit wuchs das Bedürfnis nach einer grossen Silbermünze. Das Selbstbewusstsein der reichen Städter verlangte nach einem besonders schönen Münzbild.

Interaktives Modell der Stadt Zürich im Mittelalter. Bitte auf Bild drücken.

Interaktives Modell der Stadt Zürich im Mittelalter. Bitte auf Bild drücken.

Das Rathaus der Stadtrepublik von Zürich, wie es Ende des 17. Jahrhunderts aussah.

Das Rathaus der Stadtrepublik von Zürich, wie es Ende des 17. Jahrhunderts aussah.

Das 17. Jahrhundert:
Handel, Kredit und wirtschaftliche Blüte

Während das Gebiet des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation im 30jährigen Krieg in Schutt und Asche gelegt wurde, kam Zürich relativ unbeschadet davon. Im Westfälischen Frieden von 1648 gelang es dem Botschafter der Tagsatzung, für die Schweizerische Eidgenossenschaft die Reichsunmittelbarkeit auszuhandeln. Zürich begann daraufhin, sich stolz als Republik Zürich zu bezeichnen.

Die darniederliegende Produktion im Deutschen Reich lockte die kapitalkräftigen Zürcher Handelsherren, für den Export zu produzieren. Das wichtigste Exportgewerbe war in der frühen Neuzeit die Textilindustrie. So entwickelte sich Zürich zu einem bedeutenden Produzenten von Tuch und Leinwand, Seide und Wolle sowie Baumwollgewebe.

Das 18. Jahrhundert: Kulturzentrum

In der langen Friedensperiode zwischen 1712 und 1798 nahm der materielle Wohlstand im reichen Zürich beträchtlich zu. Die Stadt war bald nicht nur eine Handelsmetropole, sondern entwickelte sich auch zu dem Zentrum der bürgerlichen Aufklärung im deutschsprachigen Raum. Es wurden in Salons und Gesellschaften die neuesten Bücher der großen Philosophen und Naturwissenschaftlern gelesen und diskutiert. Wegen der geographische Nähe zu Frankreich und dem deutschen Reich kannte und schätzte man in Zürich sowohl die Bücher der französischen als auch die der deutschen Philosophen und Schriftsteller. Zürich wurde in der ganzen gebildeten Welt für seine Weltoffenheit berühmt.

Persönlichkeiten wie Salomon Gessner, Johann Jakob Scheuchzer, Johann Jakob Bodmer, Johann Kaspar Lavater und Johann Heinrich Pestalozzi kannte man in ganz Europa.

Gegründet wurde in diesem Jahrhundert nicht nur die bis heute bestehende Neue Zürcher Zeitung, sondern auch die erste Staatsbank, die Bank Leu, die der Aufklärer Johann Jakob Leu initiierte, um den Bürgern von Zürich eine sichere Anlagemöglichkeit zu bieten.

Die Blüte Zürichs endete im 1798 mit dem Einmarsch der französischen Truppen und der Gründung der Helvetischen Republik.

Detail aus dem Stadtmodell Zürich

Detail aus dem Stadtmodell Zürich

Zürich auf dem Müller Plan von 1793.

Zürich auf dem Müller Plan von 1793.

Republik Zürich, Doppeldukat 1716

Viele Stempel für Zürcher Münzen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammen von dem bekannten Stempelschneider und Münzmeister Hans Jakob Gessner I. Gessner war nicht mehr in der Kunst des Barock verhaftet, sondern bereits dem Klassizismus verpflichtet. Dies kam in seinen Arbeiten deutlich zum Ausdruck: Die Darstellungen auf seinen Münzen sind nicht mehr üppig und verspielt, sondern klar durchdacht und von grosser technischer Vollendung.

Viele Stempel für Zürcher Münzen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammen von dem bekannten Stempelschneider und Münzmeister Hans Jakob Gessner I. Gessner war nicht mehr in der Kunst des Barock verhaftet, sondern bereits dem Klassizismus verpflichtet. Dies kam in seinen Arbeiten deutlich zum Ausdruck: Die Darstellungen auf seinen Münzen sind nicht mehr üppig und verspielt, sondern klar durchdacht und von grosser technischer Vollendung.

Republik Zürich, Taler 1715

Im 18. Jahrhundert entfaltete die Stadt Zürich eine rege Münzprägetätigkeit. Neben goldenen Dukaten und ihren Teil- und Doppelstücken, wurden auch silberne Taler geschlagen. Dieser zeigt einen kraftvoll gestalteten Löwen mit dem Zürcher Schild.

Im 18. Jahrhundert entfaltete die Stadt Zürich eine rege Münzprägetätigkeit. Neben goldenen Dukaten und ihren Teil- und Doppelstücken, wurden auch silberne Taler geschlagen. Dieser zeigt einen kraftvoll gestalteten Löwen mit dem Zürcher Schild.

Das 19. Jahrhundert:
liberal - industriell

Durch die Botschaft von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit war die Erwartungshaltung der Bevölkerung an eine gerechte, alle Interessen berücksichtigende Regierung gestiegen. Die konnte ein hauptsächlich mit Stadtzürchern besetzter Rat nicht befriedigen, solange er ausschließlich die Interessen der Stadtbewohner vertrat. Seit 1829 herrschte Pressefreiheit für die Zürcher Medien, und die forderten, befeuert durch die Pariser Julirevolution von 1830, die politische, soziale und wirtschaftliche Gleichstellung von Stadt und Land, ein Postulat, das mit der Verfassung von 1831 verwirklicht wurde. Sie machte Zürich zu einem liberalen Musterstaat, der revolutionären Denkern aus der ganzen Welt Asyl bieten sollte.

Als sichtbares Zeichen der Gleichstellung von Stadt und Land wurde im Januar 1833 beschlossen, die Stadtbefestigung zu schleifen, die Jahrhunderte lang als Grenze zwischen der privilegierten Stadt und der unterprivilegierten Landschaft gedient hatte. Handels- und Gewerbefreiheit wurde eingeführt und das Schulwesen reformiert. Damit war die Basis geschaffen für die schnelle Industrialisierung, die eine neue Form von Unternehmern, aber auch von Mitarbeitern verlangte.

Zürich nach der Schleifung der Schanzen.

Zürich nach der Schleifung der Schanzen.

Mit dem Sonderbundkrieg, der bis heute letzten militärischen Auseinandersetzung auf Schweizer Boden, endete das Nebeneinander unabhängiger Stände. Die Schweiz schloss sich mit der Bundesverfassung von 1848 zu einem Bundesstaat zusammen. Mit dem Bundesstaat entstand gleichzeitig ein einheitlicher Wirtschaftsraum, der durch eine Zoll- und Münzunion zusammengehalten wurde. Er bot Unternehmern optimale Voraussetzungen zur Umsetzung ihrer Ideen von Fortschritt.

Als Prototyp des Zürcher Unternehmers gilt heute Alfred Escher (1819-1882), den seine Zeitgenossen als den „Zar von Zürich“ feierten. Er gründete mehrere Privatbahnen, von denen die Gotthardbahn wohl die berühmteste geworden ist. Nicht umsonst steht sein Denkmal heute vor dem Zürcher Hauptbahnhof. Um das notwendige Kapital für den Eisenbahnbau aufzubringen, schuf Escher die Schweizerische Kreditanstalt und etablierte so den Zürcher Finanzplatz. Er initiierte ebenfalls das Eidgenössische Polytechnikum (heute ETH), das nicht wie die Universität eine schöngeistige Ausbildung bot, sondern sich auf Technik und Naturwissenschaften konzentrierte, im 19. Jahrhundert ein völlig neues Konzept.

Alfred Escher - ein Mann mit Visionen, der auf Grund von moderner Ausbildungsstätte und Kreditinstitut aus Zürich eine Wirtschafts-Metropole machte.

Alfred Escher - ein Mann mit Visionen, der auf Grund von moderner Ausbildungsstätte und Kreditinstitut aus Zürich eine Wirtschafts-Metropole machte.

Kehrseite der schnell fortschreitenden Industrialisierung war die Verelendung eines großen Teils der Zürcher Bevölkerung. In einigen städtischen Bereichen entstanden regelrechte Slums, die Arbeiterfamilien beherbergten, deren Einkommen weit unter dem Existenzminimum lag. Die Industriegebiete an der Limmat waren angewiesen auf die Ausbeutung billigster Arbeitskraft, so dass die Zürcher Gesellschaft des 19. Jahrhunderts tief sozial gespalten war.

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH), 1855 gegründet.

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH), 1855 gegründet.

Schweizerische Kreditanstalt, heute CS. Gegründet 1856 von Alfred Escher zur Kapitalbeschaffung für verschiedene Projekte, allen voran den Bau des Gotthard Tunnels.

Schweizerische Kreditanstalt, heute CS. Gegründet 1856 von Alfred Escher zur Kapitalbeschaffung für verschiedene Projekte, allen voran den Bau des Gotthard Tunnels.

Das 20. Jahrhundert:
Rotes Zürich und bürgerliche Gesellschaft

Die Waffenfabrik in Oerlikon. Lange Zeit der wichtigste Arbeitgeber in Zürich.

Die Waffenfabrik in Oerlikon. Lange Zeit der wichtigste Arbeitgeber in Zürich.

Wie alle europäischen Städte wuchs Zürich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts enorm, eine Entwicklung, die sich im 20. Jahrhundert noch beschleunigte. Die vielen Arbeitersiedlungen, die in die Stadt eingemeindet wurden, veränderten das politische Klima. Aus der bürgerlichen Stadt wurde eine Arbeiterstadt, in der Revolutionäre wie Lenin Zuflucht fanden. Während des Ersten Weltkriegs galt Zürich als das Zentrum der linksradikalen Bewegung in der Schweiz, entwickelte gleichzeitig aber auch in der Kunst avantgardistische Züge. Der Dadaismus entstand im Cabaret Voltaire, unweit der Zürcher Wohnung von Lenin.

1928 erhielt die Sozialdemokratische Partei in Zürich erstmals die absolute Mehrheit und behielt ihre Dominanz bis 1949. Es war dieses Klima zusammen mit der Schweizer Neutralität während des Zweiten Weltkriegs, das Zürich zu einem Exil der aus Deutschland vertriebenen geistigen Elite Europas machte. Das Zürcher Schauspielhaus wurde zur bedeutendsten deutschsprachigen Bühne.

Der Gegensatz zwischen Kleinräumigkeit und der weltoffenen Wirtschaft durchzieht seit jeher die Politik der Stadt.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelte sich Zürich zu einem internationalen Handels- und Bankenzentrum.

Aber wiederum sind wir an einem historischen Wendepunkt angekommen: Wohlstand muss neu erfunden werden, auch in Zürich.