Geld und Liebe

Bücher erzählen von Geld und Liebe

Im heutigen Europa betrachten wir Geld wahrscheinlich am häufigsten als Tauschmittel oder Mittel zum Zweck. Wir gehen auf die Arbeit und tauschen dort Leistung gegen Lohn. Diesen Lohn tauschen wir dann im Supermarkt gegen Essen, in der Stammkneipe gegen Bier oder im Einkaufszentrum gegen neue Klamotten ein. 

Liebe hingegen ist für die meisten von uns ein immaterielles Gut, eine abstrakte Idee. Als Ideal soll sie losgelöst sein von Fragen wie Status, Beruf oder Geld. Wie befremdlich wir heutzutage die Vorstellung finden, dass sich Geld auch gegen Liebe tauschen lässt, sieht man zum Beispiel an den Debatten darüber, ob Prostitution ganz verboten werden soll. Historisch gesehen ist eine solche Trennung der zwei Bereiche allerdings ziemlich neu.

Eine enge Verknüpfung von Geld und Liebe war lange Zeit sehr verbreitet.

Wie genau diese aussah, erzählen uns exemplarisch drei literarische Werke.  

Henri de Toulouse-Lautrec, At the MoulinRouge

Henri de Toulouse-Lautrec, At the MoulinRouge

Kein Geld und keine Liebe – Guy de Maupassants Bel-Ami (1885) 

Ca. 1900. Der französische Soldat George Duroy ist jung und attraktiv. Seine Abende würde er gerne in Pariser Cafés verbringen, mit einem kühlen Bier auf dem Tisch und einer schönen Frau im Arm. Notfalls würde er die Dame auch für ihre Dienste bezahlen. Das Problem: Er ist leider so arm, dass er sich an manchen Tagen nicht mal das eigene Bier leisten kann, geschweige denn eine weibliche Begleitung. 

Hieran erkennen wir eine wichtige Funktion des Geldes. Geld ermöglicht immer auch gesellschaftliche Teilhabe. Ohne Geld kann Duroy nichts konsumieren, kann nicht im Café sitzen, kann niemanden kennenlernen. 

„Networking“, wie wir es heute nennen würden, funktioniert nicht, wenn Sie nicht mal durch die Tür gelassen werden. Wenn Sie wissen wollen, wie George Duroy es doch noch zu Geld bringt und durch welche Betten ihn sein sozialer Aufstieg führt, können Sie seine Geschichte hier nachlesen.  

“Ten thousand a year!” – Begehrenswerte Junggesellen bei Jane Austen 

Haben Sie schon mal über das Wort  „Heiratsmarkt“ nachgedacht? Heiratsmärkte waren ursprünglich Volksfeste, auf denen man sich Ehepartner suchen konnte, weil im eigenen Dorf die Auswahl nicht groß genug war oder aus Blutsverwandten bestand. Als die Mobilität in Europa durch Erfindungen wie die Eisenbahn zunahm, verschwanden die Feste allmählich. Die Idee, dass Heiraten eine ökonomische Transaktion ist, allerdings nicht.

Wie man diese Transaktion möglichst gewinnbringend gestaltet, ist ein zentrales Thema in den Werken von Jane Austen. Wir sind in England, Anfang des 19. Jahrhunderts, im Milieu des gehobenen Bürgertums.

In ihren Romanen gibt es fast immer eine Familie, die dringend mal wieder eine Finanzspritze braucht, eine Reihe unterschiedlich schöner und intelligenter Töchter im heiratsfähigen Alter, eine Mutter, die diese möglichst schnell und gewinnbringend verschachern will, und einen Vater, der das Ganze ziemlich albern findet.

Dann gibt es jedes Mal, wenn ein reicher Junggeselle in die Gegend zieht, großes Geschrei darüber, wie hoch sein Einkommen ist und wie schön die Tochter sein muss, um ihn rumzukriegen. Denn das gilt als Faustregel: Je reicher der Mann, desto schöner die Frau. 

Die Heiratsmärkte dieser Epoche waren übrigens die vielen Bälle, auf denen die Damen mit ihren Kleidern und die Herren mit ihren Tanzkünsten überzeugten. Wenn Sie diese Geschichte neugierig gemacht hat, erfahren Sie unter den Buttons rechts mehr über Jane Austens Romane Stolz und Vorurteil und Verstand und Gefühl.

Where there's smoke there's fire, by Russell Patterson

Where there's smoke there's fire, by Russell Patterson

Wenn Geld allein nicht reicht: F. Scott Fitzgerald, Der große Gatsby (1925)

In unserer dritten Geschichte gibt es erwiderte Liebe und eine Menge Geld – und trotzdem ist es im Ende eine tragische Geschichte ohne Happy End. Als sich die junge Daisy in den Soldaten James Gatz verliebt, ist er nicht das richtige Match für eine Dame aus gutem Hause, denn er ist nur ein einfacher und mittelloser Farmersjunge. Also heiratet sie den reichen Tom Buchanan. 

Viele Jahre später hat es Gatz - genannt Gatsby - zu immensem Reichtum gebracht und will Daisy zurückerobern. Sie liebt ihn zwar immer noch, will ihren Mann aber nicht verlassen.Der Roman gibt keine eindeutige Erklärung für diese Entscheidung, aber viele Andeutungen. Vielleicht ist es, weil Gatsby als neureicher Emporkömmling von der alteingesessenen Elite nicht akzeptiert wird. Vielleicht, weil Daisy trotz ihrer Gefühle für Gatsby die gemeinsame Vergangenheit mit ihrem Mann zu viel bedeutet. Und vielleicht ist Daisy so unglücklich über ihren obszönen Reichtum, der sie doch nicht erfüllt, dass auch Gatsby daran nichts ändern kann.

Auf jeden Fall sehen wir, dass Liebe und Heirat im 20. Jahrhundert eine zunehmende Komplexität annehmen, die sich nicht mehr als einfache Transaktion erklären lässt. Ein ausführlicheres Porträt von Fitzgeralds bekanntestem Werk finden Sie unten.

Die Qual der Wahl  – William Shakespeare, Der Kaufmann von Venedig (1600)

Wir befinden uns in der Nähe von Venedig, um 1600. Die schöne Portia hat von ihrem Vater ein beträchtliches Vermögen geerbt und entsprechend viele Freier eilen herbei. Sie müssen allerdings zunächst ein Rätsel lösen. Nur wer aus drei Kästchen – eins bleiern, eins silbern, eins golden – das richtige wählt, erhält die reiche Erbin zur Frau. 

Das goldene Kästchen trägt die Inschrift: „Wer mich erwählt, gewinnt, was mancher Mann begehrt.“ Auf dem silbernen heißt es: „Wer mich erwählt, bekommt soviel, als er verdient.“ Und das dritte, aus Blei, besagt: „Wer mich erwählt, der gibt und wagt sein Alles dran.“ 

Wenn Sie an die Märchen aus Ihrer Kindheit denken, kommen Sie vielleicht schnell darauf, dass nur das bleierne Kästchen das richtige sein kann. Wer das Gold will, lässt sich von äußerlichem Reichtum und Schönheit blenden. Wer Silber wählt, ist nur auf den ersten Blick etwas bescheidener, schätzt sich selber aber immer noch zu gut ein. Nur wer wahrhaftig bescheiden ist und bereit etwas zu geben, wird später dafür belohnt. Nur wer das Risiko der Heirat wagt, wird am Ende gewinnen.

Leider geht in dem Theaterstück aber nicht alles so gut aus wie die Hochzeit Portias mit ihrem Freier Bassanio. Wie eine andere Figur Geld, die geliebte Tochter und seinen Glauben verliert, können Sie in diesem Bookophile Artikel nachlesen.

Die schöne Portia.

Die schöne Portia.

Die Kästchen aus Gold, Silber und Blei

Die Kästchen aus Gold, Silber und Blei

Dies ist das richtige Kästchen.

Dies ist das richtige Kästchen.