20 Münzen,
die Geschichte machten
vom Tontäfelchen
zum amerikanischen Dollar
Die Geschichte des Geldes unterteilt sich in Münzgeld-Geschichte und Kreditgeld-Geschichte. Der Unterschied ist substantiell. Münzgeld ist eine Ware und hatte nie den alldurchdringenden Status des Kreditgeldes erreicht.
Kreditgeld ist heute das Medium, das "die Welt beherrscht", sei es durch Zwang des Geldmonopols oder durch Durchdringung der Gesellschaft mit Geld und Geldlogik.
Mesopotamien, Tontafel mit Keilschrift, ca. 2350 – 2150 v. Chr.
Das griechische Wort für Schreiben bedeutete ursprünglich «einritzen». Der Grund dafür liegt in der Geschichte der Schrift. Die älteste Schrift, die Keilschrift, wurde gegen Ende des 4. Jahrtausends v. Chr. in Mesopotamien (heute Irak) entwickelt: Man schrieb, indem man schräg gestutzte Griffel in feuchten Ton drückte, was keilförmige Zeichen hinterliess. Festgehalten wurde, was die Menschen bewegte, und das waren natürlich auch wirtschaftliche Vorgänge: Verkäufe und Warenlisten, Steueraufstellungen und Kreditverträge.
Sardis (Lydien), Stater, Gold (8,08 g), nach 550 v. Chr.
Der lydischen König Krösus führte um das Jahr 560 eine Münzreform durch. Darin standen zum ersten Mal in der Geschichte Münzen aus Gold und Silber in einem festen Verhältnis zueinander. Die neue Währung basierte auf dem Goldstater zu etwa 8 g, der 10 Silberstateren entsprach. Der Stater wurde in unterschiedlichen Teilstücken ausgeprägt, um leichter kleine Summen zahlen zu können – wobei selbst die kleineren Teilstücke, die 1⁄48 Statere mit einem Gewicht von etwa 0,16 g, noch wertvoll waren. Die neue Münze war so beliebt, dass die Perser nach der Eroberung des lydischen Reichs im Jahr 547 die Prägung beibehielten.
Athen, Tetradrachmon, Silber (17,2 g), um 455 v. Chr.
Zwischen 510 und 500 führten die Athener das Münzbild ein, mit dem ihre Drachmen weltberühmt werden sollten: die Eule, heiliges Tier der göttlichen Schützerin der Stadt Athen, Athene. Sie nannten ihre neue Münze Drachme und teilten sie in 6 Oboloi ein. Dieses System scheint in der vormünzlichen Vergangenheit zu wurzeln, als in Griechenland noch Metallspiesse verwendet wurden. Ein Metallspiess war ein Obolos, und sechs Metallspiesse ergaben eine «Handvoll»,also – auf Griechisch – eine Drachme. Die Drachme von Athen wurde zu einer der beliebtesten Handelsmünzen der klassischen Antike – ihr Gewichtsstandard breitete sich im ganzen Mittelmeerbecken aus.
Alexander III., König der Makedonen 336–323 v. Chr., Tetradrachmon, Silber (17,1 g), Memphis (Ägypten)
Millionen von Tetradrachmen mit dem Kopf des Herakles auf der Vorderseite und der Figur des Zeus auf der Rückseite wurden unter der Herrschaft Alexanders geprägt. Die Massenemission entstand nach dem Tod Alexanders. Denn die Händler in der ganzen damals bekannten Welt hatten sich an diese Münzen gewöhnt. So prägten alle wichtigen Handelsstädte Tetradrachmen nach dem Alexandertyp, und das bis ins 1. Jahrhundert v. Chr.
Römische Republik, Denar, Silber (4,5 g), 211 v. Chr.
Am Höhe- und Wendepunkt des Zweiten Punischen Krieges gegen Hannibal, kurz nach der Eroberung von Syrakus, machten die Römer in den Jahren zwischen 213 und 211 einen radikalen Währungsschnitt. Sie führten den Denar ein, eine Silbermünze von ca. 4,5 g, die 10 bronzene Asse galt, wie das X, also die römische Zehn.
Caracalla, römischer Kaiser 198–217, Antoninian (= doppelter Denar), Silber (5,1 g)
Die Verteidigung der römischen Grenzen gegen die beginnende Völkerwanderung überforderte die Mittel des Imperiums. Solange neue Gebiete dem Reich hinzugefügt wurden und damit ständig neue Gesellschaften monetarisiert werden mussten, hatte es noch keine Rolle gespielt, dass der Nominalwert des Denars weit über seinem Metallwert lag. Dies änderte sich jedoch in der Zeit der Soldatenkaiser. Sie brachten die immensen Mittel zur Bezahlung des Heeres nur auf, indem sie den Silbergehalt des Denars radikal reduzierten. Caracalla brachte einen doppelten Denar heraus, der nur das 11⁄2-fache Gewicht eines Denars hatte.
Wohl jeder kennt die Sage von der Römischen Wölfin: Es war einmal eine Königstochter, deren Vater von einem Usurpator abgesetzt wurde. Der zwang sie, zur keuschen Vestalin zu werden, damit sie keine Söhne gebar, die seine Herrschaft hätten gefährden können. Doch Mars selbst stieg vom Himmel herab, vergewaltigte die Vestalin, und die gebar die Zwillinge Romulus und Remus. Diese wurden gleich nach ihrer Geburt vom bösen König ausgesetzt. Doch eine Wölfin säugte sie, bis ein Hirt sie fand und in seine Familie holte. Natürlich vertrieben Romulus und Remus, sobald sie alt genug dafür waren, den bösen König...
Und Romulus erschlug Remus, als sie sich über die Gründung ihrer Stadt Rom nicht einig wurden.
Jahrzehntelang hatten die Römer zwei verschiedene Münzsysteme benutzt: Silbermünzen für den wirtschaftlichen Austausch mit der griechischen Welt und Schwergeld aus Bronze in der eigenen Stadt. Die wichtigste römische Silbermünze, der Denar, entstand erst um das Jahr 211, kurz nachdem die Römer den 2. Punische Krieg gegen Hannibal für sich entschieden hatten. Denare waren Jahrhundertelang die römische Leitwährung.
Unser Bild zeigt die beiden Dioskuren Castor und Pollux. Von den göttlichen Zwillingen erzählten die Römer, dass sie auf ihrer Seite in die legendäre Schlacht am Regillus lacus eingriffen.
Ludwig der Fromme, Beherrscher des karolingischen Imperiums 814–840, Pfennig, Silber (1,66 g), Italien, nach 814
Dieser Denar zeigt auf der Vorderseite den Namen Ludwigs mit Kaisertitel. Ludwig der Fromme kümmerte sich um eine Reform des Kirchenrechts. Für das einheitliche Münzsystem war seine politische Vorliebe schädlich: Im Jahr 833 verlieh der Herrscher dem Kloster Corvey das Privileg, Münzen zu prägen, vermutlich, um seinen Beitrag zu den Baukosten der neuen Klosterkirche zu leisten. Das Münzprivileg war mit hohen Einkünften verbunden: Dem Inhaber des Münzrechts fiel die Differenz zwischen Nominalwert und Herstellungskosten als Schlagschatz zu.
Halberstadt, Pfennig, Silber (0,89 g), um 1200
Im Verlauf des Hochmittelalters verlor der deutsche Kaiser an Einfluss, die Städte gewannen an Macht – auch in der Münzprägung. Zahlreiche Handelszentren okkupierten das Münzrecht und prägten für ihren eigenen Markt Pfennige. Diese wurden, um den Schlagschatz der Münzherren zu erhöhen, immer schlechter. Sie verloren an Gewicht und Feinheit. Die Erscheinung gipfelte in den sogenannten Brakteaten, dünnen, einseitig geprägten Pfennigen.
Florenz, Fiorino d’oro, Gold (3,5 g), 1252–1307
Die bedeutenden Handelsstädte Florenz und Genua begannen um das Jahr 1252 beinahe gleichzeitig, Goldmünzen zu prägen. Sie kompensierten damit den Wegfall der byzantinischen Solidi, die bis dahin zur Zahlung grosser Summen benutzt worden waren. In der Bankierstadt Genua entstanden in diesem Jahrhundert die erforderlichen Mittel für einen bargeldlosen Zahlungsverkehr wie Konto, Überweisung und Wechsel. Die Goldmünzen von Florenz waren Ausdruck eines erstarkten Selbstgefühls der Kaufmannsschicht. Das neue Regiment setzte das Stadtwappen, die Lilie, auf den Fiorino d’oro, der als Floren die europäischen Währungen in den nächsten Jahrhunderten prägen sollte.
Ludwig IX., König von Frankreich 1226–1270, Gros tournois, Silber (4,22 g)
Von Italien aus verbreitete sich die Idee, grössere Silbermünzen zu prägen, in den Norden. Der französische König Ludwig IX. schuf im Jahr 1266 eine neue Silbermünze im Wert von 12 Pfennigen. Der Gros tournois verbreitete sich innerhalb weniger Jahre an allen wichtigen Messeorten und Handelsplätzen Frankreichs.
Heiliges Römisches Reich, Stadt Zürich, Groschen 1563
Bis 1648 gehörte Zürich formell zum Heiligen Römischen Reich. Deshalb hielt sich die Stadt bei ihrer Münzprägung an die Bestimmungen der 1559 auf dem Reichstag zu Augsburg erlassenen Münzordnung. Die Vorderseite sollte die Herkunft des Geldes zeigen, was hier durch den Zürcher Schild ausgedrückt wurde. Dafür mussten die Rückseiten der Münzen Reichsadler und die Wertangabe aufweisen.
Ab 1550 verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage vieler Zürcherinnen und Zürcher. Die Bevölkerung vervielfachte sich zwischen 1529 und 1585 um fast die Hälfte, nämlich von rund 55'000 auf rund 79'000 Einwohner; Arbeit zu finden wurde für viele schwierig. Ab 1570 verschlechterte sich zudem das Klima, was zu Missernten und Teuerung führte. Massenarmut war die Folge. Die Preise für Grundnahrungsmittel stiegen massiv.
Der Bruch in der Münzgeschichte
Im 16. Jahrhundert gab es einen markanten Bruch in der Geschichte des Geldes, und zwar zweifach:
1. Mit dem Guldiner von Sigismund dem Münzreichen war eine schwere Silbermünze erkoren. Sie hiess damals noch Guldiner. Der Name deutete darauf hin, dass sie so viel wert ist wie eine Goldmünze. Später hiess sie Taler und änderte ihre Gattung bis ins 20. Jahrhundert nicht mehr.
2. Mit Ende 16. Jahrhundert hört die Geschichte des Münzgeldes als dominante Kraft im Wirtschaftsgeschehen auf. Von nun an spielte das Kreditgeld die dominante Wirtschaftskraft.
3. Kredit wurde oft mit dem Wechsel geschöpft, der im 17. Jahrhundert einen rasanten Aufschwung nahm. Die erste Wechselbank wurde 1600 gegründet, der erste Finanz-Crash fand anfangs des 17. Jahrhunderts statt. Von nun an nahm der Finanzmarkt an Bedeutung zu.
Das Wechselbuch von Johann Caspar Herbach reflektiert die rasche Entwicklung des Wechsels und des Kreditgeldes.
Wechsel, Herbach, Johann Caspar: Einleitung zum Gründlichen Verstand der Wechsel-Handlung, 1716
Ein Wechsel ist ein Wertpapier, das die unbedingte Zahlungsanweisung des Ausstellers an den Bezogenen enthält, bei Fälligkeit an einem bestimmten Zahlungsort eine bestimmte Geldsumme an den Aussteller oder einen benannten dritten Zahlungsempfänger zu zahlen.
Der Wechsel ist wie der Scheck ein Zahlungsmittel, aber - anders als der Scheck - zusätzlich auch ein Kreditmittel.
Der Wechsel in Europa ist Königin. In ihrem Reich darf von Gottes Gnaden mit Kredit gehandelt werden. Dies wäre noch im Mittelalter undenkbar gewesen.
Leier und Tanz - Symbol des Müssiggangs - sind zu Boden geworfen. Das Kreditgeld funktioniert nur solange, wie der Handel sich ausbreitet. Dies wird Goethe in seinem Faust II mit dem "Verbot des Verweilens" aufnehmen.
Merkur, Gott des Handels: jetzt steht der Handel im Vordergrund. Überall volle Münzbehälter - allerdings nur solange gehandelt wird.
Sigismund der Münzreiche, Erzherzog von Österreich 1477–1490, Guldiner, Silber (31,6 g), Hall, 1486
Während Silber in Europa ausreichend vorhanden war, mangelte es an Gold, das teuer aus dem islamischen Osten eingeführt werden musste. Es lag also nahe, über eine grosse Silbermünze nachzudenken, welche die Goldmünzen im Handel zumindest teilweise ersetzen konnte. Doch dies war mit technischen Schwierigkeiten verbunden: Eine Silbermünze, die an Wert einer Goldmünze gleichkam, musste um ein Vielfaches grösser und schwerer sein.
In Hall in Tirol gelang es im Jahr 1486, den Guldiner zu prägen, eine Silbermünze, die vom Wert her dem Gulden entsprach. Hall war damals eine der wichtigsten Münzprägestätten Europas. Hier wurde das Silber der reichen Gruben von Schwaz in solchem Umfang verprägt, dass der Herr der Münze als Sigismund der Münzreiche in die Geschichte eingegangen ist.
Zürich, Guldiner, Silber (29,6 g), 1512
Der Guldiner wurde bereits vor 1500 in den Herrschaften von Tirol, Lothringen, Hessen, Sachsen, Sitten, Bern, Savoyen, Ungarn, Spanien und Böhmen regelmässig ausgeprägt. Unser Beispiel stammt aus Zürich, aus dem Jahr 1512. Es ist eine repräsentative Prägung, auf der alles zu sehen ist, worauf die Zürcher Bürger kurz vor der Reformation stolz waren: die Wappen von Zürich, gehalten von zwei Löwen. Darüber zeigt ein Schild mit dem kaiserlichen Doppeladler den Status der Reichsunmittelbarkeit an. Um diese zentrale Abbildung sind 16 Wappenschilde angeordnet, die man den verschiedenen Orten zuweisen kann, in denen die Stadt Zürich den Vogt stellte.
Karl III. von Spanien, Real de a ocho (Peso) 1808 mit chinesischen Gegenstempeln
Eine Münze, zwei Nationen: Dieser Peso wurde 1808 in Potosí geprägt, der ergiebigsten aller spanischen Münzstätten Südamerikas. Als internationale Handelsmünze gelangte er bis nach China. Dort prägten ihm nicht weniger als zwölf verschiedene Silberprüfer ihren Stempel auf – was zeigt, wie rege die Münze im Reich der Mitte in Gebrauch war. Mit solchen Gegenstempeln garantierten die Herren, dass das Edelmetall des Fremdlings gut und die Münze als Zahlungsmittel zu akzeptieren sei.
Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich 1740–1780, Taler, Silber (27,98 g), postume Prägung, Günzburg
Schon kurz nach ihrer Thronbesteigung begann Maria Theresia, Taler zu prägen, doch der berühmte Maria-Theresien-Taler mit seinem immer gleich bleibenden Gewicht und Feingehalt entstand erst im Jahr 1753, als sich Österreich und Bayern auf eine gemeinsame Handelsmünze einigten. Das Gewicht und der Silbergehalt des Talers waren garantiert, wenn Inschrift und Umschrift intakt waren. Das konnte jeder schnell überprüfen – so wurde der Maria-Theresien-Taler die beliebteste Handelsmünze ihrer Zeit.
Napoleon, Erster Konsul der französischen Regierung 1799–1804, 5 Franc, Silber (24,83 g), Paris, Jahr 11 (=1802–1803)
Die französischen Abgeordneten reorganisierten nicht nur das Münzwesen. Auch der als kirchlich empfundene Kalender wurde erneuert. So lesen wir auf unserer Münze «Jahr 11». Dieses Datum bezieht sich auf den Beginn der revolutionären Zeitrechnung am 14. Juli 1789, also auf den Tag, an dem die Bastille gestürmt wurde. Statt in Wochen teilte man das Jahr in Dekaden, ging also nach demselben als vernünftig empfundenen System vor wie in der Münzprägung.
Georg III., König von England 1760–1820, Sovereign, Gold (7,89 g), 1817
Die finanziellen Belastungen des Kriegs gegen Napoleon hatten eine Reform des englischen Währungssystems überfällig gemacht. Im Jahr 1816 wurde sie durchgeführt. Goldumlaufmünze und wichtigstes Nominal wurde der Sovereign im Wert der früheren Rechnungseinheit, des Pfunds. Durch die immense Ausdehnung des britischen Weltreichs wurde er im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert zu einer der bedeutendsten Handelsmünzen der Welt. Als Motiv wählte man den heiligen Georg als Drachentöter.
Vereinigte Staaten von Amerika, 1 Dollar 1886
1792 führte der amerikanische Kongress den Dollar als Währungseinheit ein; zwei Jahre später begann man mit der Prägung. Davor hatte man sich im Kongress heftige Debatten um das Aussehen der neuen Münzen geliefert. Zur Auswahl standen das Bildnis des damaligen Präsidenten George Washington und die Personifikation der Freiheit. Der Kongress beschloss, die Liberty darzustellen. So unterschied sich das Münzbild des neuen demokratischen Staatenbundes von den Herrscherporträts der Alten Welt. Auf der Rückseite erschien ein Adler, ein Rückgriff auf die römische Antike.
Vereinigte Staaten von Amerika, Trade Dollar, Silber (27,2 g), 1875
Trade Dollars wurden von den USA, von Grossbritannien und von Frankreich als Handelsmünzen ausgegeben. Ziel dieser Prägungen war es, die mexikanischen Pesos aus dem Chinahandel zu verdrängen und durch eigene Silbermünzen zu ersetzen. Passend zu ihrer Bestimmung zeigen die amerikanischen Trade Dollars auf der Vorderseite die amerikanische Miss Liberty, die auf Ballen von Baumwolle und Weizen sitzt. Von 1873 bis 1878, in nur fünf Jahren also, wurden über 30 Millionen solcher Trade Dollars geprägt.